Chemical Landmark 2020
Pharmaziemuseum der Universität Basel - Arbeitsort von Paracelsus
Die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) ehrt das Schaffen des Schweizer Arztes, Alchemisten und Naturphilosophen Paracelsus mit dem Chemical Landmark 2020. Paracelsus wurde 1527 Stadtarzt in Basel. Im Haus Zum Vorderen Sessel am Totengässlein 3, wo sich heute das Pharmaziemuseum der Universität Basel befindet, wohnte und wirkte er.
Praxis statt Theorie
Paracelsus, mit bürgerlichem Namen Theophrastus Bombast von Hohenheim, war in Basel auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Dank seiner Stellung konnte er seine medizinischen Thesen öffentlich vortragen – und die hatten es in sich. Er lehnte ab, dass Ärzte die über Jahrhunderte tradierte Lehrmeinung eines Hippokrates, Galen oder Avicenna ungeprüft übernahmen, ohne sie an der Realität zu messen. Er kritisierte den Glauben an die Säftelehre, nach der die Mischung von schwarzer Galle, Schleim, gelber Galle und Blut im Körper für die Gesundheit beziehungsweise die Entstehung von Krankheiten verantwortlich ist. «Nicht meinen, sondern wissen!», forderte er. Statt theoretisches Gelehrtenwissen nachzubeten, solle sich ein Arzt an praktischen Erfahrungen und Experimenten orientieren. Paracelsus war einer der Ersten, die naturwissenschaftliches Verständnis als essenziell für eine erfolgreiche Medizin erachteten.
Sein Verständnis der im Körper ablaufenden Prozesse macht Paracelsus zu einem Wegbereiter der heutigen Biochemie und Toxikologie. Er stellte sich zum Beispiel einen «inneren Alchemisten» vor, der Nährstoffe von Giften trennt und dafür sorgt, dass Erstere aufgenommen und Letztere ausgeschieden werden. Das Prinzip, Reines von Unreinem zu trennen, propagierte er auch für die Herstellung von Medikamenten: Die Ausgangssubstanz wird in ihre reinen Bestandteile zerlegt, um sie durch chemische Verbindung neu zusammenzufügen. Seine wohl bekannteste Erkenntnis «Was ist, das nicht Gift ist? Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist» stellt eine zentrale Säule der modernen Toxikologie dar. Darauf basieren das Konzept der Toxizität und sogenannte Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Diese beschreiben, wie die Menge (Dosis) eines Arzneimittels und dessen Wirkung zusammenhängen.
Wie viele Alchemisten war Paracelsus fasziniert von Quecksilber und machte grundlegende Beobachtungen zu dessen Chemie. Zudem war er einer der ersten westlichen Wissenschaftler, die Zink untersuchten. Er bezeichnete das Übergangsmetall als «Zincken», was wahrscheinlich zum heutigen Namen führte. Mit seinem Interesse an anorganischer Chemie und der Verwendung anorganischer Verbindungen in der Medizin war er ein Wegbereiter moderner metallhaltiger Medikamente, wie sie zum Beispiel gegen Krebs eingesetzt werden.
Deutsch statt Latein
Nicht nur mit seiner Kritik an der klassischen Medizin machte sich Paracelsus viele Feinde. Indem er seine Vorlesungen auf Deutsch hielt und die meisten seiner Schriften nicht in der Gelehrtensprache Latein verfasste, ermöglichte er auch Laien Zugang zu seinem Wissen. Zudem wollte er die nicht akademischen Erfahrungen von Badern, Scherern und Heilern in sein Fach integrieren. Sein cholerisches Temperament trug nicht zur Entspannung bei. Nachdem er Lehrbücher der klassischen Medizin öffentlich verbrannt hatte, musste er bereits 1528 aus der Stadt fliehen.
Die feierliche Enthüllung der Gedenktafel zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Toxikologie wurde pandemiebedingt auf November 2021 verschoben.
Impressionen von der Feier: